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Vom Barkas zum E-Mobil

Vor 75 Jahren eröffnete Arno Liliensiek in Dippoldiswalde seine Kfz-Werkstatt. Inzwischen haben die Fahrzeuge andere Antriebe.

Chromglänzend steht er unten in der Vitrine: ein trichterförmiger Abscheider zum Trennen von Flüssigkeiten. Er ist das Meisterstück von Arno Liliensiek. Zwar ist nicht überliefert, für welches Automodell er damals in den dreißiger Jahren gedacht war. Dafür ist unübersehbar, dass der Trichter am Anfang einer langen Liebe zum Automobil steht.

Arno Liliensieks Sohn Daniel hat noch einige Wegmarken mehr aus der Firmengeschichte des gleichnamigen Autohauses zusammengetragen. Vor 75 Jahren gründete der Vater eine Kfz-Werkstatt in Dippoldiswalde. Wer nachrechnet, kommt auf 1945 – nicht gerade die Zeit überbordender Fülle auf dem Automobilmarkt: „Mein Vater reparierte eher das, was noch da war“, sagt Liliensiek.

 

 

Daniel Liliensiek mit Barkas und der neusten VW-Generation ID.3 © Egbert Kamprath

Barkas-Einzelanfertigung für Selbstständige

Zu Ehren des Firmenjubiläums hat er eine kleine Ausstellung im Showroom des Stammsitzes an der B170 zusammengestellt. Aus der KFZ-Werkstatt wurde 1957 eine Barkas-Vertragswerkstatt. In der Mangelwirtschaft der DDR gelang Liliensiek sogar ab und an das Kunststück, einen Barkas vom Motor bis zur Karosserie aufzubauen.

„Das war oft die einzige Möglichkeit für private Firmen, solch einen Wagen zu bekommen“, sagt sein Sohn heute: „Wenn beispielsweise ein selbstständiger Bäcker nachweisen konnte, dass er einen Kastenwagen zur Versorgung der Bevölkerung braucht, hatte er noch lange keine Chance, einen vom Barkas-Werk in Karl-Marx-Stadt zu bekommen.“ Doch bei Liliensiek, der in Dippoldiswalde selbst privatwirtschaftlich arbeitete, konnte es glücken: „Wobei das mit circa zwei Jahren auch nicht schnell ging. Ich habe in den Unterlagen auch eine Bestellung gefunden, bei der sich der Barkas-Aufbau fast zehn Jahre hinzog.“

In Wolfsburg angeklopft

Doch diese Selbstständigkeit war es, die Arno Liliensiek bereits 1989 beim Pförtnerhaus des VW-Werks in Wolfsburg anklopfen ließ: „Wer das Werk heute kennt, kann sich gar nicht vorstellen, dass jemand damit Erfolg hat“, sagt Daniel Liliensiek. Denn sein Vater wollte sich direkt vor Ort als VW-Handelspartner anbieten – und es gelang ihm tatsächlich an jenem Tag, zu den Verantwortlichen in Wolfsburg vorzudringen und von einem VW-Autohaus in Dippoldiswalde zu überzeugen. Liliensiek war so früh dran, dass nun sogar eine kuriose Broschüre mit dem Titel „Die Volkswagen- und Audi-Partner in der DDR“ in der Vitrine liegen kann.

Daneben ein Foto in bunten Farben von 1993, es zeigt die 16-köpfige Belegschaft vor dem neuen Autohaus mit Showraum. „Als wir es 1991 eröffneten, standen die Leute auf der Fahrspur der B170 Schlange“, erinnert sich Daniel Liliensiek. Er war damals noch im Schulalter, und zumindest bei ihm schafften es die Vertreter zahlreicher Automarken mit schicken Werbegeschenken, ihn auch von anderen Fahrzeugen zu überzeugen: „Aber mein Vater kannte da nichts. ‚VW stellt Autos für alle her‘, meinte er. Und nach fast zwei Jahrzehnten als Geschäftsführer muss ich sagen: Seine Entscheidung damals bildet die Grundlage dafür, dass wir heute so gut aufgestellt sind.“

Zeitenwende bei den Fahrzeugen

An einer dieser Zeitenwenden steht Daniel Liliensiek jetzt gerade ebenfalls: „Die E-Autos sind im Volumensegment angekommen“, sagt er und meint damit, dass sich die Verkaufszahlen beim ID.3, Volkswagens E-Mobil der Stunde, steil nach oben bewegen.  Seit 2015 ist das Autohaus Liliensiek einer der E-Service-Partner von VW, inzwischen auch Hochvolt-Stützpunkt: „Das heißt, wir haben auch die Fachkräfte, um komplexere Reparaturen an E-Autos auszuführen“, sagt Liliensiek. Aus den KFZ-Mechanikern von einst sind Mechatroniker geworden, „und ohne Internetanschluss kriegt man inzwischen kein E-Auto mehr gewartet“.

65 Mitarbeiter beschäftigt er inzwischen, denn das Angebotsspektrum geht über Verkauf und Reparatur hinaus: „Eins unserer größten Firmenfelder ist das Flottengeschäft“, sagt Liliensiek. Beispielsweise betreuen sie Krankenhausketten bei Auswahl, Wartung und Leasingkonzepten für ihren Fuhrpark.

Das Wichtigste, was er von seinem Vater gelernt hat? „Immer ganz vorn dabei sein, wenn es um Neues geht“, sagt Liliensiek. Und dabei nicht die Wurzeln vergessen. VW als Partner zu haben, hat auch seine Firma groß gemacht: „Andererseits waren wir Händler es, die mit langjährig aufgebautem Kundenvertrauen VW über die Zeit des Dieselskandals hinweggeholfen haben.“

©Sächsische Zeitung – Dippoldiswalde, den 16.10.2020 18:00 Uhr, von Siiri Klose 4 Min. Lesedauer